Im Rahmen des Johannes-Kepler-Symposiums für Mathematik wird Prof.Dr.
Gerhard Eder (JK Universität Linz) am 29.03.2000 um 17.00 Uhr im HS
10 einen öffentlichen Vortrag zum Thema "Mathematische
Modellbildungen zur Verbesserung der Eigenschaften von Kunststoff-Produkten"
halten, zu dem die Veranstalter des Symposiums,
O.Univ.-Prof.Dr. Ulrich Langer und A.Univ.-Prof.Dr.Jürgen Maaß,
hiermit herzlich einladen. Der Intention des Symposiums entsprechend ist
der Vortrag so konzipiert, daß er nicht nur für Spezialisten,
sondern auch für Studierende aller Semester und Gäste von
außerhalb der Universität interessant ist.
"Mathematische Modellbildungen zur Verbesserung der Eigenschaften von
Kunststoff-Produkten"
Der Grossteil der heutzutage technisch verwendeten Kunststoffe
ist kristalliner Natur. Die Eigenschaften von Kunststoffteilen (wie etwa das
Bruch- oder Alterungsverhalten) wird ganz wesentlich von der sogenannten
Morphologie (Grösse, Form und Verteilung der Kristalle) mitbestimmt. Diese
ist das Resultat komplexer Zusammenhänge zwischen dem Temperaturverlauf,
der Deformationsgeschichte und der Erstarrungskinetik. Der Einfluss der
Deformation (Scherung) führt zu orientierten Kristallen (sogenannten "Shish
kebab"- Strukturen, die doppelbrechend sind, und zur Versprödung des
Produkts beitragen. Andererseits sind die Erstarrungszeiten dieser Strukturen
viel kürzer als jene unter Ruhebedingungen, was erst eine ökonomisch
sinnvolle Prozessfü:hrung ermöglicht (kurze Zykluszeiten
im Produktionsprozess).
Als Voraussetzung zur sinnvollen Computersimulation von
Kunststoff-Produktionsprozessen und der Vorhersage von Eigenschaften der
produzierten Kunststoff-Teile werden brauchbare mathematische Modelle
benötigt, welche das Erstarrungsverhalten unter industriell relevanten
Bedingungen beschreiben können. Dazu ist Forschung mit
interdisziplinärem Charakter unumgänglich. Einerseits war die
Entwicklung von neuen Modellexperimenten notwendig, welche hohe
Abkühl- bzw. hohe Deformationsgeschwindigkeiten realisieren.
Andererseits wurde die Bildung mathematischer Modelle vorangetrieben,
welche experimentell messbare und physikalisch sinnvolle
Modellgrößen enthalten. Dazu wurden Konzepte der
stochastischen Geometrie auf die vorliegenden Probleme angewandt und
erweitert.
Die präsentierten Ergebnisse sind zur Zeit auch Gegenstand eines
von der EU finanzierten Forschungsprojekts "DECRYPO", welches unter
beträchtlicher industrieller Beteiligung (Shell, DSM, Borealis)
von der Linzer Forschungsgruppe geleitet wird.